Natur- und Waldkindergärten in Zeiten der Corona-Pandemie

Gedanken zur Öffnung der Natur- und Waldkindergärten

Aufgrund der Maßnahmen und Verordnungen zur Bekämpfung der Corona-Krise sind einige Natur- und Waldkindergärten in Hessen seit Mitte März geschlossen oder betreuen in Notgruppen Kinder, deren Familienangehörige zu der vom Hessischen Innenministerium festgelegten Klientel gehören.

Die allgemeine Schließung der Betreuungseinrichtungen bedeutet eine Belastung insbesondere für diejenigen Eltern und Kinder, die nicht unter die Ausnahmeregelungen fallen. Daher machen sich, je länger die Schließung besteht, die betroffenen Eltern und Erzieherinnen aber auch die Öffentlichkeit Gedanken darüber, wann eine – eventuell zunächst teilweise – Öffnung der Wald- und Naturkindergärten erfolgen und wie diese konkret aussehen kann.

Bei der Diskussion um die Öffnung der Einrichtungen erscheint uns eine gesonderte Berücksichtigung der Wald- und Naturkindergärten sinnvoll, da es Hinweise darauf gibt, dass eine Übertragung infektiöser Erkrankungen im Waldkindergarten unwahrscheinlicher ist als bei der Betreuung von Kindern innerhalb geschlossener Räume.

Dafür spricht beispielsweise

  • Die Kindergruppe hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Freien
  • Dadurch ist mehr Platz für alle vorhanden
  • Es gibt daher auch weniger Berührungspunkte der anwesenden Personen
  • Es gibt kein oder nur wenig klassisches Spielzeug, bei dessen gemeinsamer Benutzung Keime übertragen werden könnten
  • Es gilt ohnehin die Regel, dass die Kinder nichts in den Mund nehmen dürfen
  • Der Aufenthalt in der freien Natur bei jedem Wetter stärkt das Immunsystem, so dass Waldkinder generell weniger anfällig für Krankheiten sind

 

Im Folgenden geben wir Anregungen zum konkreten Arbeiten, die selbstverständlich an die individuellen Gegebenheiten der einzelnen Wald- und Naturkindergärten angepasst werden müssen:

  1. Gruppe und Personal

Grundsätzlich gehen wir davon aus, dass eine solidarische und verantwortliche Weitsicht, die den Schutz aller in den Vordergrund stellt, Pflicht eines jeden einzelnen ist.

Je nach Gruppengröße und Personalschlüssel muss vor Ort geprüft werden, in wieweit es möglich ist, für die Zeiten des freien Spielens die Kinder in kleinere Gruppe einzuteilen.

Vorstellbar wäre bei 20 Kindern und 3 Betreuungskräften eine Aufteilung in drei Kleingruppen zu jeweils 6-7 Kindern, die sich in verschiedenen Bereichen des Geländes aufhalten.

In den Gruppen sollten möglichst

  • immer dieselben Kinder gemeinsam
  • von derselben Betreuungsperson betreut werden.
  • Geschwisterkinder sollten in einer Gruppe betreut werden.
  • Je nach Gruppenzusammensetzung sollte überlegt werden, ob es sinnvoll ist, die Kleingruppen nach Alter zu staffeln, um den altersentsprechenden Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden, oder eine altersgemischte Gruppe vorzuziehen ist.
  1. Gemeinsame Aktivitäten

Einige Aktivitäten sollten mit der gesamten Kindergartengruppe durchgeführt werden. Gerade in diesen herausfordernden Zeiten können dabei die gewohnten Rituale helfen, das Selbstwertgefühl des Einzelnen, den Gruppenzusammenhalt und den Gemeinsinn zu stärken.

Bei den gemeinsamen Aktivitäten ist darauf zu achten, dass die allgemeinen Vorgaben der Gesundheitsämter (insbesondere die Abstands-Regel) eingehalten werden. Dazu können die Sitzmöglichkeiten mit entsprechend großem Abstand zueinander aufgestellt und den Kindern zugeteilt und mit einem Namensschild versehen werden.

Eventuell kann überlegt werden, ob das Tragen einer Mund-Nasen-Maske während der begrenzten Zeiten im Morgen- bzw. Abschlusskreis sinnvoll ist.

Sinnvolle Möglichkeiten im Tagesablauf sind:

  • Morgen- und Abschlusskreis
  • Gemeinsames Frühstück
  1. Hygiene
  • Betretungsverbot
  • Händewaschen
  • Abstandsregel
  • Vorbildfunktion
  • Anpassung von Arbeitsabläufen (zum Beispiel Übergabe der Kinder an die Betreuenden, Elterngespräche, Eingewöhnung, Procedere Toilettengang)
  • Mund-Nasen-Masken

 

  • Zum Betretungsverbot:
    Nach Infektionsschutzgesetzt dürfen ausschließlich Menschen den Kindergarten betreten, die keinerlei Krankheitssymptome aufweisen!
    Analog zu den zurzeit für die Notbetreuung geltenden Regelungen dürfen Betreuende und Kinder nicht die Einrichtung betreten, wenn sie
    • Krankheitssymptome aufweisen
    • In Kontakt zu infizierten Personen stehen oder seit dem Kontakt mir infizierten Personen weniger als 14 Tage vergangen sind
    • (Ausnahme hiervon sind Personen, deren Angehörige aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit in der gesundheitlichen Versorgung in Kontakt mit Infizierten stehen)
  • Zum Händewaschen:
    • Das gründliche Waschen der Hände sollte mit den Kindern eingeübt werden
    • Ein Händewasch-Lied kann dabei hilfreich sein
    • Vorgehensweise:
      • Hände nass machen (Wassertemperatur spielt keine Rolle)
      • Hände gründlich einseifen, sowohl Handinnenflächen als auch Handrücken, Fingerspitzen, Fingerzwischenräume, Daumen, Fingernägel
      • Dauer: ca. 30 Sekunden
      • Danach Hände abspülen
      • Gründlich abtrocknen (zum Abtrocknen entweder Einmalhandtücher, die sofort in einen geschlossenen Mülleimer entsorgt werden oder ein eigenes Handtuch für jede Person, das täglich ausgewechselt und bei 60° C gewaschen werden muss)
    • Häufigkeit:
      • Beim Betreten der Einrichtung
      • Vor und nach dem Essen
      • Nach dem Toilettengang
      • Nach dem Naseputzen
      • Vor dem Nachhausegehen
      • Zusätzlich bei Bedarf (Verschmutzung, Verletzung)
    • Zur Abstandsregel:
      Im pädagogischen Alltag wird es auch im Naturraum nicht immer möglich sein, den für einen Infektionsschutz nötig Abstand von 1,5 m zu den Kindern einzuhalten. Auch die Kinder untereinander werden sich während des Kindergartentages nicht an diese Regel halten (können).
      Um so wichtiger ist es, die Regeln im Umgang mit anderen Personen einzuhalten. Dazu zählen die Team-Mitglieder untereinander genauso wie Erziehungsberechtigte oder andere Personen, denen man begegnet.
      Das Thema sollte trotzdem mit den Kindern auf geeignete Weise besprochen werden. Hilfreich können auch im Waldkindergarten Markierungen auf dem Boden sein, oder beispielsweise Äste entsprechender Länge, die veranschaulichen, wie nah sich Menschen kommen dürfen.
      • Abstand von 1,5 m zu anderen Personen einhalten beispielsweise beim Bringen der Kinder
      • Räumliche Gestaltung von Morgen- und Abschlusskreis unter Einhaltung der Abstandsregel
    • Vorbildfunktion
      Für alle genannten Punkte gilt:
      Die Betreuenden sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und verhalten sich entsprechend!
      • Sie vermitteln den Kindern, selbständig auf hygienische Verhaltensweisen zu achten
      • Versuchen, sich so wenig wie möglich ins Gesicht (Augen, Nase, Mund) zu fassen
    • Zur Anpassung von Arbeitsabläufen
      Dies muss natürlich individuell und kreativ für jeden Waldkindergarten geschehen! Deshalb hier nur einige Denkanstöße:
      • Ausreichend zusätzliche Zeit für die zusätzlichen erforderlichen Hygienemaßnahmen einplanen
      • Gestaltung der Bring- und Abhol-Situation
      • Gestaltung der Eingewöhnung neuer Kinder
      • Gestaltung von Elterngesprächen (digital, telefonisch?)
      • Erstellen eines aktuellen Hygieneplans (u.a. für die Toiletten-Nutzung, das Wickeln)
    • Zu Mund-Nasen-Masken
      Beim Tragen von Mund-Nasen-Masken schützt vor allem der Träger seine Umgebung. Unsachgemäßer Gebrauch birgt allerdings (auch für diesen) die Gefahr der Verbreitung von Krankheitskeimen.
      Zudem ist beim Tragen einer Mund-Nase-Maske die Kommunikation durch Mimik und Gestik eingeschränkt, die in der Arbeit mit Kindern eine große Rolle spielt. Auch schon beim einfachen Verkleiden (z. B. Fasching, Theater) nehmen die Kinder eine ihnen bekannte Person plötzlich völlig anders und nicht selten angstbesetzt wahr; dies ist beim Tragen von Mund-Nasen-Masken durch Betreuende ebenfalls zu berücksichtigen.

Kinder unter 6 Jahren sollten nicht verpflichtend Mund-Nasen-Masken tragen. Man kann das Thema aber aufgreifen und beispielsweise einfache Mund-Nasen-Masken mit den Kindern herstellen und deren Gebrauch üben.
Wenn im Kindergarten Mund-Nasen-Masken getragen werden, sind folgende Punkte zu beachten:

  • Vor dem Aufsetzen der Maske sind die Hände zu waschen
  • Beim Aufsetzen der Maske sollte nur die Außenseite berührt werden
  • Beim Absetzen der Maske ist diese nur an den Gummis / Bändern anzufassen
  • Die Maske muss gut sitzen und Mund und Nase bedecken
  • Die Maske muss gewechselt werden, wenn sie feucht ist
  • Nach Gebrauch muss die Maske verschlossen aufbewahrt werden, Einmal-Masken müssen in verschlossenem Abfallbehälter entsorgt werden
  • Masken sind zuhause sachgerecht zu reinigen
  • Masken, die außerhalb der Einrichtung getragen werden, dürfen nicht in der Einrichtung getragen werden
  • Mundschutze der Klassifizierung FFP2 / FFP3 sind pflegerischem und ärztlichem Personal vorbehalten
  • Weitere Hinweise zum sachgemäßen Gebrauch finden sich beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte: https://www.bfarm.de/SharedDocs/Risikoinformationen/Medizinprodukte/DE/schutzmasken.html

Dieses Positionspapier als Download finden Sie hier:
Positionspapier Waldkindergarten und Corona 

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